Im Jahr 2005 beging die Stadt Güstrow den 777. Jahrestag ihrer Gründung. Belegt werden kann das mit einer Urkunde über die Bestätigung der Stadtrechte durch die vier Söhne Heinrich Borwins II. vom 1. 11. 1228.
Für die Freimaurerloge „Phoebus Apollo“ sind solche Urkunden und Protokolle im Original nicht verfügbar, abhanden gekommen nach der sogenannten „Selbstauflösung“ der Logen, verfügt durch die national-sozialistischen Machthaber in den Jahren 1933/34. Endgültig wurde die Auflösung der Freimaurerlogen am 17. August 1935 angeordnet.
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Logenhaus im 19. Jahrhundert |
Nur wenige Schriftstücke und Gegenstände können heute noch Auskunft geben über die Geschichte der Loge, aufbewahrt und gesammelt von Privatpersonen. Vieles davon wurde in den vergangenen Jahren dem Museum der Stadt Güstrow übergeben, so dass man anhand dieser Dokumente einen grossen Teil der Geschichte der Loge rekonstruieren kann. Eine wahre Fundgrube ist dabei die 1905 vom Logenbruder Carl Alexander Polenski verfasste Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Loge.
Zur Gründung der Loge können wir lesen, dass bereits im Dezember 1804 der Kommissionsrath L. von Kardorff die in Güstrow wohnenden Brüder von bereits länger bestehenden Rostocker und Hamburger Logen einlädt, um über die Gründung einer Maurerloge zu beraten. Sie beschlossen auf ihrer zweiten Zusammenkunft „zu Güstrow in Mecklenburg eine ächte und vollkommene Tochterloge unter Constitution der National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln zu gründen und nach diesem System und Ritual arbeiten zu dürfen“. Ein zufällig in Güstrow anwesender Berliner Bruder wurde mit der Abfassung des Schreibens beauftragt. Anfang Januar 1805 kam die diesen Beschluss begrüssende Antwort aus Berlin.
Am 2. Februar 1805 erfolgte die eigentliche konstituierende Versammlung. Die anwesenden Brüder wurden in die Logenämter gewählt und es wurde der Beschluss gefasst, ein Haus anzumieten. Erster Meister vom Stuhl wurde der Obrist und Gutsbesitzer von Hirschfeldt.
Der Name der Loge ist „Phoebus Apollo“, im Siegel „ein Jüngling der aus einem Phaeton vier Pferde über die Wolken führt“. Ab 23. Februar gab es regelmässige Zusammenkünfte, über die Protokoll geführt wurde.
Das Konstitutions-Patent der Grossloge trägt das Datum vom 24. Februar 1805, der als der eigentliche Gründungstag der Loge angesehen wird. Die Installierung der gerechten und vollkommenen Johannisloge „Phoebus Apollo“ erfolgte am 21. Mai 1805 mit der Einführung des Lichtes. Bei dieser ersten Arbeit der Loge, die von 5 ½ Uhr bis 8 Uhr dauerte, wird im Protokoll vermerkt, dass „1 Reichsthaler 22 Schillinge für die Armen gesammelt sind“.
Zu den Stiftern der Loge gehörten: ein Gutsbesitzer, drei Offiziere a.D., zwei Dr. med. und ein Dr. phil., ein Hofrath, ein Apotheker und ein Gastwirt, in dessen Räumen die Loge auch arbeitete.
Aus der 200-jährigen Geschichte wollen wir uns nur ein paar Namen von Mitgliedern der Loge in Erinnerung rufen, um feststellen zu können, dass von 1805 bis 1934 viele verdiente Bürger Güstrows Mitglied der Loge waren:
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Georg Friedrich Kersting, der romantische Maler schenkte seiner Loge das Bild des Apollo im Streitwagen, es hängt jetzt im Museum.
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Im August 1816 nahmFeldmarschall Gebhard Leberecht Fürst Blücher von Wahlstadt die Ehrenmitgliedschaft der Loge an.
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Hofrat F. Piper, der 17 Jahre als hammerführender Meister der Loge vorstand, war bekannt für seine immer dem Wohle der Stadt und der Bürger dienenden Aktivitäten, u. a. des Theaterbaus.
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Letzter Meister von Stuhl war 1934 der Ratsapotheker Ernst Joerß, von dem wir wissen, dass er am 27. März 1934 von SA-Männern aus einer Theatervorstellung geholt wurde und von einer marodierenden Menge zum Markt geschleppt wurde. Nur durch das eingreifen der Polizei, die ihn ins Rathaus in Sicherheit brachte, konnte das verhindert werden, was die Menge forderte: „Schlagt ihn nieder“. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Loge 124 Mitglieder und 12 Ehrenmitglieder, darunter viele bekannte Namen von Familien, die heute noch in Güstrow ansässig sind.
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In 200 Jahren sind Höhen und Tiefen im Leben der Loge zu verzeichnen. Das schlimmste Kapitel ist die „Zeit der Dunkelheit“ während der Naziherrschaft. Erst nach 62 Jahren am 15. Juni 1996 wurde mit Hilfe der Hamburger Loge „Vom Fels zum Meer“ die Freimaurerloge in Güstrow wiederbelebt.
Die Güstrower Loge hat heute (Stand 11/2009) 13 einheimische und sechs auswärtige Brüder. Die Logenarbeiten finden wieder im 1840/41 erbauten Logenhaus am Domplatz statt. Bei der Rückgabe des Hauses an die freimaurerische Stiftung (nach der Wende) befanden sich im Logensaal noch die originalen Wandbänke, der Stuck an den Wänden und Decken sowie ein Bechstein-Flügel, der wahrscheinlich 1884 ins Logenhaus kam. Er war in schlechtem Zustand und wurde im Juli 2004 bei einer mecklenburgischen Firma von einem ehemaligen Güstrower in Reparatur gegeben.
Der Flügel kehrte am Montag, den 31. Januar 2005 nach Güstrow zurück und hat wieder seinen Platz im Logensaal eingenommen. Im März 2005 wurde der besondere Klang des Flügels, er ist auf 435 Herz gestimmt, in einem Konzert der Güstrower Bevölkerung vorgestellt. Wir konnten ihn jedoch schon zum Stiftungsfest hören und erleben.
Mit großer Freude erlebten wir die erste Aufnahme eines Lehrlings im Güstrower Logenhaus am 11. September 2004. Seit 1934 fand kein Aufnahme mehr in Güstrow statt und alle seit 1996 aufgenommenen Brüder hatten dieses Erlebnis im Hamburger Logenhaus bei unserer Patenloge „Vom Fels zum Meer“ in der Moorweidenstrasse. Jetzt hatten wir auch die erste Gesellenbeförderung. Das Logenleben in Güstrow beginnt Normalität anzunehmen. Wir sehen sehr zuversichtlich in die Zukunft und sind der festen Überzeugung, unsere Loge „Phoebus Apollo“ wird gedeihen und wachsen. Der Anfang dazu ist getan.
Güstrow, im November 2009 |