Logenhaus

Domplatz 10 – die überlieferte Geschichte eines Hauses

Nach Gründung der Loge „Phoebus Apollo“ im Jahr 1805 wurden bis 1841 Logenarbeiten nachweislich in den Häusern Markt Nr. 10, Pferdemarkt 32 und in einem Haus am Schlossplatz durchgeführt. Die Bruderschaft hatte kein eigenes Haus, kein Domizil.
Die Bemühungen ein eigenes Haus zu haben, begannen sich zu erfüllen als der Logenbruder Hofrat von Meding am 19. Dezember 1839 von den Erben Dr. Kaemmerer den früheren Domherrensitz erwarb. Von Meding stellte nach dem Ankauf das Grundstück seiner Loge zur Verfügung. Das alte Gebäude war sehr baufällig und sollte durch ein neues Haus ersetzt werden.Der Ankauf kostete Reichsthaler 3.000,00 und die geschätzten Kosten für einen Neubau -unter Verwendung alten Materials– sollten 2.500,00 Reichsthaler betragen. Es kam anders, denn Johanni 1840 erfolgte die Grundsteinlegung für ein neues Logenhaus am Domplatz 10, ein Hausgrundstück mit Garten, ehemals Flurbuch Abt. A Güstrow, innere Stadt, Hausnummer 683 und Grundbuchblatt 581.

Während der Bauzeit fanden die Arbeiten der Loge vom 1. Oktober 1840 bis zur Einweihung des Logenhauses im Haus des Br. Piper statt. Am 24. Juni 1841 fand dann die feierliche Einweihung des neuen Logenhauses statt mit vielen Gästen befreundeter Logen aus Norddeutschland. Am 2. September 1846 wurde die Übertragung des Grundstückes an die Loge nach erfolgter grossherzoglicher Genehmigung (Friedrich Franz II.) vollzogen. Drei Logenbrüder vertraten die Eigentumsrechte: Br. Piper, Br. Sibeth, Br. Negendanck. Die Gesamtsumme des Ankaufs, des Neubaus und der inneren Einrichtung ist überliefert und stellt sich wie folgt dar:

Gesamtkosten 8.041,25 ½ Schilling aufgebracht durch
Hypothekarische Anleihen Rtlr. 5.563,24 Schilling
74 Aktien á 25 Rtlr. Rtlr. 1.850,00
aus der Logenkasse Rtlr. 628,1 ½ Schilling

Das Haus selbst ist ein schlichter streng gegliederter Baukörper mit zwei Hauptgeschossen und einem Mezzaningeschoß. Im Erdgeschoß befinden sich die eckigen hohen Fenster, im oberen Geschoß die Fenster mit oberem Rundbogenabschluß und unter der Traufe die kleinen Fenster des Mezzzanins. Der Baukörper ist an der Strassenseite 25,60 m lang und weist eine Bautiefe von 17,50 m auf. Die Geschosshöhen betragen im EG 3,98 m und 4,12 m im Obergeschoß. Das Äußere des Gebäudes ist verputzt und in gebrochenem weissen Farbton gestrichen.

Das Erdgeschoss wurde damals wie heute als Restaurant genutzt und im Obergeschoss sind der Logenraum und einige Nebenräume angeordnet. Der Dachboden wurde nicht ausgebaut, obwohl die Raumhöhen es zugelassen hätten. Alle Decken und die Dachkonstruktion wurden aus Holz hergestellt. Die Dachdeckung erfolgte ehemals als Zinkblechdach, was sich bald als Fehlinvestition darstellte.

1870 bis 1880 Reparaturkosten des Hauses belasteten die Logenkasse, weil „zu dessen Bau s. Z. die Materialien von schlechter Beschaffenheit verwendet wurden“.
1884 bis 1887

Der Johannis-Arbeitssaal wurde durch Br. Weihnacht neu gemalt. Die unteren Räume und der Arbeitssaal erhielten Gasbeleuchtung; Herr Fehland aus Hamburg schenkte der Loge eine schöne 6-flammige Krone Br. Heidmann (Kastellan) ging nach Hamburg, als Hauswart wurde der dienende Bruder Ahlrep an- und aufgenommen. Das Versammlungszimmer im Untergeschoss erhielt eine Neu-Tapezierung, die Wände wurden halbhoch mit Holz-Paneelung versehen. Das Zinkdach war schadhaft geworden und wurde durch ein Pappdach ersetzt. Die Kosten wurden aufgebracht durch: Gabe eines Bruders: 40,00 Mk; Verkauf des alten Zinkdaches und spenden von Brüdern.

1891 Anschaffung eines neuen Harmoniums.

Das Logengrundstück wurde an städtische Wasserleitung und Kanalisation angeschlossen.
Auszahlung der letzten noch unausgelösten Aktien vom Hausbau.
Der Meistersaal wurde „einer gründlichen Aufbesserung unterzogen.“
Trotz Kosten für Reparaturen am Haus erfolgte ein Schuldabtrag von 2.000,– Mk.
Ausbesserung der Fassade und der Wand am westlichen Giebel, das untere Geschoß erhielt neue Fenster August 1914 bis 1919. Das Erdgeschoss wurde als Lazarett dem Lazarettverein Viktoria (Rotes Kreuz) zur Verfügung gestellt. Die Logenarbeiten erfolgten im Obergeschoss, Tafellogen im Fremdenhof Erbgrossherzog.

1919

Unter Leitung des Br. Architekt BDA Martin Eggert wurde das Logenhaus in allen Räumen erneuert; als Verwalter und Hausmeister wurde Herr de Mooy erwähnt. Sein Vorgänger Ahlrep war nach Rostock verzogen.

Sommer 1922

Des Bruders Georg Friedrich Kersting Oelbild „Phoebus Apollo“ wurde vom Restaurator der Hamburger Kunsthalle, Victor Bauer, gereinigt und instand gesetzt.

1925 Ausbau der Gartenterrasse an der Nordfront des Logenhauses
11. März 1935

Ein erzwungener Kaufvertrag wurde geschlossen zwischen der Stadt als Käufer, vertreten durch Bürgermeister Dr. Heydemann und Stadtsekretär Röpke anwesend auch: Stadtrat Wilhelm Lemm (Stadtkämmerei).
Als Verkäufer für den eingetragenen Verein JL „Phoebus Apollo“ e. V. vertreten durch:

  • Apotheker Ernst Jörß
  • Kürschnermeister Paul Hempel
  • Rentner Karl Mundt
Festpreis für das o.a. Grundstück: 10.000,00 RM
Es wurden 3.000,00 RM Hypotheken vom Käufer übernommen, 7.000,00 RM in bar an die anwesenden Logenmitglieder gezahlt.
1. April 1935

Steuerbescheid an die Loge über Grundsteuer vom 1. April 1935 bis 31. März 36 in Höhe von 664,48 RM. Adressiert an Kaufmann Wilhelm Hirsch, Bleicherstr. 1

8. Mai 1935

Zinszahlungsanweisung an Stadtkasse für Frau Margarethe Kühne, geb. Hansen in Schwerin (Eintrag III. Abt. Fol. 4 über 1.000,00 RM) 6 % Zinsen für 1936 = 60,00 RM.
Weiterhin wurden Zinsen von 1937 – 1940, jährlich 60,00 RM angewiesen.
Schreiben vom 28. Juli 1940 zur Zinssenkung auf 4%, wurde von Frau Kühne abschlägig beantwortet. Frau Kühne teilte neue Adresse mit: Löwenapotheke in Bitterfeld, Kaiserstrasse 11. Es blieb weiter bei 6% Zinsen, die jährlich bis 1944 gezahlt wurden.

20. Mai 1935

„Haus der Jugend“ – Schreiben des Oberbürgermeisters an das Finanzamt zur Befreiung von der Grundsteuer. Das Haus wurde NS-Organisationen übergeben: HJ, Jungvolk, BDM (Bund Deutscher Mädel) und Jungmädel.
Als Hausmeister wohnte im Haus Herr de Mooy, bei freier Wohnung erhielt er 30,00 RM monatlich, musste sich um den Garten kümmern, erhielt Obst für den Eigenbedarf.

21. Mai 1935

Abschluss einer Feuerversicherung durch die Stadt, vom 23. April 1935 bis 1. Januar 1946 versichert wurden:

1. Logengebäude + Wohnung des Hausmeisters 52.800,00 RM
2. Stuben- und Küchenanbau mit Treppenhaus 4.900,00 RM
3. Stallgebäude, Steinfachwerk 1.300,00 RM
4. Lichtanlage in 1. + 2. 1.400,00 RM
60.400,00 RM
       25% Überteuerungszuschlag 15.100,00 RM
75.100,00 RM
       Versicherung-Jahresbeitrag: 42,00 RM
19. Februar 1936

Briefwechsel Wirtschaftsberater Herr Winzeler und Oberbürgermeister.
Es ging um ein Harmonium, das Frau Michaal angeblich leihweise der Loge übergeben hatte. Dazu wurde der Kassenführer der Loge, Kaufmann Hirsch, befragt. Er war der Meinung, dass das Harmonium gekauft wurde. Im Logenhaus sollen sich zwei Harmonien befunden haben, eines wurde nach einem Konzert in der Brinckmanschule belassen, das andere stand noch im Logenhaus. Musikalienhändler Schmidt sollte eine Wertschätzung abgeben: Das Harmonium in der Brinckmanschule wurde auf 100,00 RM, das im „Haus der Jugend“ auf 75,00 RM geschätzt.

20. März 1937

Durchmusterung der Jungmädel Jahrgang 1927 sollte am 31. März und 5. Mai im Haus der Jugend stattfinden. Es wurde um geheizte Zimmer im Erdgeschoss gebeten.

Die BDM Spielschar erhielt die Erlaubnis am 16. und 18. April den kleinen Saal zu nutzen. Am 11. Mai 1937 war die Frauenschaft (Rot Kreuz) im grossen Saal.

6. Juli 1938

Vermietung der Küche mit zwei Nebenräumen im Erdgeschoss an das „Deutsche Frauenwerk“ zur Errichtung einer Lehrküche. Der Vertrag wurde mit Frau Frier, Kreisfrauenschaftsleiterin, geschlossen.

Jährliche Miete: 10,00 RM
Kündigung des Vertrages durch die Stadt am 31. März 1939. Ein neuer Mietvertrag enthielt eine höhere Miete.
Jahresmiete: 360,00 RM
22. Dez. 1942

zwei Notizen: Frau Wolff, die Führerin der Arbeitsdienst-Maiden möchte das Klavier (Bechstein-Flügel!) nach unten in die Unterkunft der Maiden bringen lassen. Sie erhielt die Genehmigung, „wenn es auf eigene Kosten von geübten Arbeitern transportiert wird, auch wieder nach oben, wenn es die Stadt verlangt.“ Es sollte im Zimmer der Führerin stehen, sie sollte es auch auf eigene Kosten stimmen lassen. „Sie sorgt dafür, dass es nicht von Unbefugten, also Nichtspielern benutzt und darauf herumgepaukt wird“ stand geschrieben.
Hausmeister de Mooy erhielt ebenfalls die Nachricht, er sollte „wenn diese Bedingungen nicht erfüllt werden“ dem Bürgermeister Bescheid geben. Beide Notizen von Sachbearbeiter Murr unterzeichnet.

5. Mai 1943

3 Räume in Haus der Jugend wurden zu Vorarbeiten zur Einbürgerung ausländischer Kriegsfreiwilliger am 9. und 10. April 1943 zur Verfügung gestellt, die Vergütung sollte 20,00 RM betragen.

1. Juli 1943

Die NS-Volkswohlfahrt zog mit ihrem Kindergarten von der Schnoienstrasse in das Haus der Jugend um. Die Kinder waren festlich geschmückt bei diesem Umzug. Im Erdgeschoss waren 78 Kinder untergebracht, täglich von 7 ½ bis 18 Uhr. Die Betreuung erfolgte durch 1 Kindergärtnerin, 5 Helferinnen und 1 Arbeitsmaid.

5. April 1944 Es wurden Schäden am Pappdach festgestellt.
5. Juni 1945

Das Gebäude wurde als Land- und Amtsgericht genutzt, weil das ehem. Gerichtsgebäude von der Roten Armee besetzt war. Landgerichtsdirektor war Dr. jur. Eduard Viereck, bis 1934 Bruder der Loge „Phoebus Apollo“.

1. August 1945

Herr de Mooy führte bei der Stadtverwaltung Beschwerde über sein Gehalt von 30,00 RM, das seit April nicht gezahlt wurde. Stadtkämmerer Murr hatte im April Selbstmord begangen. Herr de Mooy erhielt am 10. August 1945 einen neuen Mietvertrag: unentgeltliche Überlassung von Wohnung und Garten, allerdings musste er zwei Räume zur Strasse zur Verfügung stellen. Weiterhin war er für die Reinigung der Strasse und des Vorgartens zuständig und erhielt kein monatliches Gehalt mehr.
Mietvertrag zwischen Stadtverwaltung und Landgerichtspräsident Mecklenburg-Vorpommern über Räume im Obergeschoss, Erdgeschoss und einen Kellerraum; gesamt 275 m²    Mietzins 206,25 RM

28. Juni 1946

Die FDJ übernahm das Haus. Das Mobiliar wurde beim Auszug des Landgerichtes ins Gerichtsgebäude Domstrasse mitgenommen.

Das Gebäude wurde in der DDR als Mädcheninternat der EOS (Erweiterte Oberschule – bis Abitur gehend) bis 1991 genutzt. Ein Rückübertragungsantrag der Grossloge „Zu den drei Weltkugeln“ hatte Erfolg. Von der Weltkugel-Stiftung wurde das Haus einer Rekonstruktion unterzogen und neu eingerichtet. Es erfolgten mehrere Verpachtungen an Gaststättenbetreiber, seit einigen Jahren Restaurant „Villa Italia“. Die Johannisloge „Phoebus Apollo“ arbeitet seit dem 15. Juni 1996 wieder im Logenhaus am Domplatz. Im Sommer 2005 konnte die Loge das Haus von der Weltkugel-Stiftung zurückkaufen und arbeitet nun auch wieder im eigenen Haus; die Gastronomie ist weiterhin verpachtet.